FANZINES 1: POLITIK

aus dem Fanzine „KZ- Rundschau“, 1980, Heimatzeitung für Schönbuch und Gäu, Ausgabe minus zwei.  Untertitel: Ein großer Haufen Scheiße. Saubillig! Plus Rechtschreibfehler. Hrsg.: Norbert Paplewski

Punk-Fanzines sind Fanmagazine von Fans für Fans, von Freunden für Freunde, in gerissenem Schnipseldesign, handwerklich gefertigt mit Schere, Papier und Klebstoff.

Wachturmprinzip? Die Macher standen auf Konzerten herum und verkauften ihre Fanzines (Auflage zwischen 5 und 500) um eine Mark. Sie lagen im Plattenladen aus oder kamen per Abo mit der Deutschen Bundespost.

Wir lesen über die Bundestagswahl 1980: „Nun wird der arme Franzel (Strauss) böse mit euch sein, weil ihr ihn nicht gewählt habt. Jetzt geht es wieder 4 Jahre so weiter mit der SPD/FDP. Schade, dass es die Grünen nicht gepackt haben… .“

Zur Aktuallität, Stichworte Sicherheit und Terror:

Im Wahlkampf thematisiert wurden unter anderem die gewalttätigen Proteste bei einem Feierlichen Gelöbnis der Bundeswehr am 6. Mai 1980 in Bremen, welche erhebliche innerparteiliche Konflikte um die Sicherheitspolitik innerhalb der SPD offenlegten. Im sehr hart geführten Wahlkampf selbst kam es ebenfalls in Bremen zu Ausschreitungen bei einer Kundgebung von Franz Josef Strauß. Wenige Tage vor der Wahl wurde zudem ein Anschlag auf das Oktoberfest in München verübt.

Rechts taucht die Frage auf: „Wie stellt ihr euch einen „PUNKERSTAAT“ vor?

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3 Antworten zu “FANZINES 1: POLITIK”

  1. Norbert sagt:

    Wie stellt ihr euch einen „PUNKERSTAAT“ vor? – Gute Frage. Wir hatten dazu keine einheitliche Vorstellung. Die Szene im Raum Stuttgart war 1977-81 politisch extrem heterogen. Teilweise gehörten auch spätere Skins genauso dazu, wie extrem Linke. Der gemeisame Nenner war zunächst mal „I’m against it“, „Scheiß-Staat“, „Scheiß-Popper (-Roller, -Spießer, u.a.)“ und „Scheiß-Bullen“. Bei manchen (Hausbesetzern, u.a.) kamen pragmatische Ansätze zur Selbstverwaltung auf, die teilweise in beeindruckender Weise funktionierten, sicher auch manchmal in die Hose gingen. Aber solche Ideen zogen sich bis in die Wagenburgen und letztlich auch bis heute in diverse Initiativen, Kulturzentren, Medien. Eine richtige Antwort auf die Frage nach dem Punkerstaat blieben wir damals schuldig. Sie hätte letztlich lauten müssen: Punk und Staat schließen sich gegenseitig aus. Punk hat Staaten, Grenzen und die zugehörigen Institutionen immer in Frage gestellt und war immer auf die konkrete lokale Aktivität und grenzenlose, internationale Brüderlichkeit gerichtet.

  2. Norbert sagt:

    Hey Simon, Ralf van Daale prägte um 1980 den Begriff „Cassettentäter“, für alle, die sich damals löblicherweise damit beschäftigten den Sound der Szene auf Tapes für die Nachwelt zu erhalten. Du schreibst hier von „handwerklich gefertigt mit Schere, Papier und Klebstoff.“ – Ich finde Du solltest Deine Würdigung der Fanzinebastler erweitern. Neben Schere, Papier und Klebstoff war nämlich auch die Schreibmaschine ein essentielles Werkzeug. Klar haben wir auch Texte handschriftlich verfasst. Ob das unser Publikum dann auch lesen kann war eine Frage, die hin und wieder hinter der Ästhetik zurückstehen musste. Aber die meisten Texte sind mit der Schreibmaschine im 2-Finger-Suchsystem entstanden. Wir waren „Schreibmaschinentäter“. Und manch nächtlicher Kreativitätsschub wurde genau deshalb von lärmempfindlichen Eltern oder Nachbarn auch vorzeitig abgewürgt.

  3. Sid sagt:

    „Schreibmaschinentäter“ – genial! DANKE! kommt!

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