EXKURS MUSIK UND IDENTITÄT: GREEK UNDERGROUND

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Im Piräus der 30er Jahre tummelten sich die sogenannten Magkes, kecke Kerls, Vagabunden, Tagelöhner, Zocker, Hafenarbeiter, Taschendiebe … , die eine einzigartige Musik komponierten, den typischen Rembetiko aus Piräus, das einfache Lied der Arbeiter und Lebenskünstler.

Die Rembeten wohnten in Baracken, Wagons, Zelten oder einfachen Hütten. Sie spielten auf Plätzen, am Hafen, in Höhlen, in Gefängnissen, am Strand und in den Cafe Aman oder Theken und Tavernen.

Mit ihren Schnäuzern, Borsalinos, schwarzen spitzen Schuhen und Anzügen sahen sie bürgerlich aus aber sie trugen auch Messer, Schärpen um Angriffe abzuwehren, Schönheitspflästerchen und spielten lässig auf ihren Komboloi Kettchen. Zu einem Magkes gehörte die Wasserpfeife wie zu einem Hippie der Tabakbeutel. Oder zu einem smarten Waver die Filterzigarette. Die Rembeten hatten immer einen wilden Spruch im Gossenjargon (Argot) parat. Bre!

Die Rembeten waren kratzbürstig aber nicht aufständisch. Wie die Punks.

Was war so typisch und gab ihnen ihre einzigartige

  • musikalische,
  • sprachliche,
  • ästhetische und
  • sozialpolitische

I:D:E:N:T:I:T:Ä:T:?

  • Die piräotische Tonleiter (Odos, Straße)
  • Der Seimbekiko als Tanz und 9/8 Takt
  • Das einfache Liedschema AABA o.ä.
  • der blecherne und rauhe oder nasale Gesang
  • ihr eigenwilliges Bühnenbild
  • Studioaufnahmen mit einem einzigartigen Klang
  • Der typische Bouzouki – und Baglamas Sound, zusammen mit einfachsten Percussions wie Löffel oder Gläser
  • Interjektionen = Zwischenrufe in den Stücken, in denen die Mitmusiker gefeiert werden
  • ihre unverwechselbaren emotionalen Texte über das tgl. Leben, Liebe und Schmerz und ihr Bekenntnis zu Piräus
  • ihre einzigartige Mentalität und Haltung (hedonistisches und selbstverliebtes Gehabe, übertriebene Männlichkeit)
  • ihre unverwechselbare Kleidung s.o.
  • Die Kleinasiatische Katastrophe 1922, die Flüchtlingsdramatik 1923, die Weltwirtschaftskrise 1929/30 und der Widerstand gegen die Metaxas Diktatur 1936

„König von Piräus“ wurde „Tausendsassa“ Giorgos „Zorz“ Batis, alias A. Bate. Giorgos Tsoros. kurz: BATIS genannt. (Auf dem Foto in der Bildmitte mit geschulterter Gitarre). Er leitete sein Ein-Mann-Kafenion in der „Straße der Hoffnungslosigkeit“, seine Tanzschule Carmen und sein Musikgeschäft, in dem sich die piatsa (Szene) traf.

Und jeder weiß wer MARKOS ist.

Kenner nennen nur seinen Vornamen und auch heute noch kennt ihn jeder Grieche/jede Griechin:

Markos Vamvakaris. O Syrianos, Frankos. (Auf dem Foto stehend links mit Bouzouki). Von ihm stammt die Hymne „Frankosyriani“. Virtuos sind Markos Taximi, einleitende Improvisationen zu Beginn eines Rembetikos.

Batis und Markos spielten im Piräotischen Quartett, der Kumpania TETRAS aus Piräus mit Stratos Pagiumtzis, genannt „O Tembelis“ (Faulpelz) und Anestis Delias, genannt Artemis oder die Schwarze Katze.

WURZELN und TRIEBE:

Hatte Punk seine Wurzeln im Rock ´n`Roll und Beat so hatte der Rembetiko der klassischen Epoche seine Wurzeln in den Liedern der Freischärler Kleinasiens.

Ihr Sound ist unverwechselbar. Die Tetras beeinflussten viele andere Rembeten. Sie stehen für die klassische Epoche des Rembetiko, den Piräus Stil, der ein ganzes Jahrzehnt prägte und noch heute die wichtigste Epoche des Rembetiko ist.

Jeder kann diesen besonderen Klang, Stil und Sound von anderen Rembetiko Epochen aus anderen Städten z.B. Konstantinopolis oder Smyrna (Izmir) unterscheiden. Noch heute erklingen ihre Lieder in den Medien und werden modern interpretiert. Durch den Kinofilm REMBETIKO von Costas Ferris erlebte Rembetiko 1986 ein Revival. Keine griechische Taverne kommt ohne ihre Lieder aus und „Gyftopoula sto Hammam“ von Giorgos Batis gehört zum Repertoire vieler Künstler und läuft noch heute täglich im Radio.

Deshalb sprechen wir von einer

– einzigartigen,

– ganzheitlichen und

– prägenden

I.d.e.n.t.i.t.ä.t. des REMBETIKO aus Piräus.

 

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